Premierenberichte

"Peter Grimes" in Hildesheim

18.11.2013 | Eigentlich dachte man, das Theater für Niedersachsen in Hildesheim wäre vor allem für die leichtere Muse gut: Operette, vor allem aber Musical gehören zu den so genannten Kernkompetenzen des Hauses. Das hält die Theaterleitung keineswegs davon ab, auch Oper, ernste und tragische Inhalte aufs Programm zu setzen. Nun hatte Benjamin Brittens große Chor-Oper "Peter Grimes" in Hildesheim Premiere. Der britische Komponist wird im Jubiläumsjahr neben Wagner und Verdi viel auf deutschen Opernbühnen gespielt. Erzählt wird vom Fischer Peter Grimes, der als Außenseiter gilt, sich von seiner Umgebung immer weiter entfernt und schließlich - ausgestoßen -auf dem Meer den Tod findet. Publikum wie Presse zeigten sich von der Hildesheimer Aufführung begeistert. Standing Ovations von den Premierenbesuchern wurden von der Rezension in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung bestätigt. "Dass in dieser Produktion (…) einfach alles stimmt", wird hier festgestellt. Regisseur Van Laecke bringe "die Spannung, dieses unweigerliche Zulaufen auf eine Katastrophe, geradezu zum Bersten". Seine "Inszenierung ist packend (…) - auf der Bühne agieren nicht Figuren, sondern Menschen." Und Opernchor wie Jugendchor des TfN "erfüllen" die ihm zugedachte zentrale Rolle "exzellent". Foto: Andreas HartmannWeiterlesen

"Rusalka" in Aachen

15.11.2013 | "Rusalka" im Rotlichtmilieu und auf dem Müllhaufen: Von märchenhafter Romantik ist in der Aachener Inszenierung von Antonin Dvoraks bekanntester Oper nicht viel übrig geblieben. Ewa Teilmans hat mit ihrer "Rusalka"-Inszenierung durchaus unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. "Das Aachener Theater überzeugt in jeder Hinsicht mit einer beeindruckenden neuen Produktion", urteilt der BRF. Ewa Teilmans bringe eine "stringente und absolut überzeugende Sichtweise" auf die Bühne. Die Aachener Nachrichten und Teile des Publikums sahen das anders. Die Geschichte von der Nixe Rusalka, die um ihrer Liebe zu einem Prinzen willen ihre Stimme hergibt, aber die Gegenliebe nicht oder zu spät erfährt, ist dem einen oder anderen Zuschauer in Aachen wohl zu drastisch ausgefallen. Immerhin in der Beurteilung der musikalischen Leistung waren sich die Kritiker einig. "Das Orchester des Theaters Aachen zeigte sich am Premierenabend unter der Leitung von Generalmusikdirektor Kazem Abdullah in Höchstform", lautet das Lob beim BRF. "Abdullah kostet sie aus, diese wunderbaren Höhepunkte, diese zärtlich besinnlichen Passagen", schreiben die Aachener Nachrichten und berichten von einem "famosen Ensemble, das auch in den Trios der Nymphen und den Auftritten des Chores allerfeinst durchgearbeitet klingt". Foto: Marie-Luise MantheiWeiterlesen

"Macbeth" in Magdeburg

13.11.2013 | Volker Lösch hat in Magdeburg zum ersten Mal Oper inszeniert. Dass dies etwas ganz anderes sei als die Regiearbeit im Sprechtheater, erklärt er im Interview. "Verdi gibt eine starke These vor: In der gesamten Oper wird Männlichkeit mit der Fähigkeit zu töten gleichgesetzt", erklärt Lösch. Und er macht sich Gedanken über die Rolle der Hexen im "Macbeth", die "einen bewussten Prozess der Kenntlichmachung männlicher Destruktionsenergien und patriarchaler Organisationsformen initiieren". Lösch bringt einen Sprechchor auf die Bühne: Frauen aus Magdeburg berichten hier über ihre eigene Erfahrungen mit sexueller Gewalt: Ein Regie-Einfall der gut ankam und beeindruckte. Ansonsten war seine hochpolitische Auslegung von Verdis Oper Gegenstand teils höchst kritischer Betrachtungen. Aber es gibt auch Positives: "Volker Lösch und sein Team haben auch sonst keinerlei Hemmungen, ‚Macbeth‘ so direkt politisch zu inszenieren, wie der alte Text und die Musik Verdis ja auch klingen." (Thüringer Allgemeine). Die Deutsche Bühne schreibt: "Löschs Hammer trifft eben doch. (…)‘Ich lass mich nicht mehr demütigen!‘, rufen die Magdeburger ‚Hexen‘ als letzten Satz des Abends. Es ist diese Haltung, die Lösch beim Zuschauer provozieren will - und sei es mit dem gröbsten Keil." Das ist offenbar gelungen. Für den musikalischen Part gilt das gleiche. "Es wurde großartig gesungen", schreibt die Volksstimme und berichtet von der Regie-Idee, "die Hexenfrauen im von Bernd Freytag sehr gut einstudierten Chor zuerst sprechend und danach choreografisch in den singenden Chor der Verdi-Shakespeare-Hexen einzugliedern". Und ein Leserbrief-Schreiber der Volksstimme bringt es auf den Punkt: "Trotz aller Kritik sollte man sich diese Operninszenierung in Magdeburg ansehen, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Die Sänger und Musiker verdienen einen Besuch." Das Foto (Nilz Böhme) zeigt Damen des Opernchors und des Sprechchores.Weiterlesen

"Così fan tutte" an der Komischen Oper Berlin

11.11.2013 | "Für mich ist ‚Così fan tutte‘ vielschichtiger, als es die Bezeichnung ‚Komödie‘ zu fassen vermag. Die Figuren auf der Bühne müssen sich schließlich eingestehen, dass man sich letzten Endes auf nichts und niemanden wirklich verlassen kann… Das macht es zu einem Stück über die Einsamkeit. Deswegen glaube ich, dass ‚Così fan tutte‘ es in vielerlei Hinsicht verdient, eine Tragödie genannt zu werden." Das sagt der lettische Regisseur Alvis Hermanis, der Mozarts Oper über Liebe und Treue für die Komische Oper inszeniert und die Protagonisten zu Restauratoren umfunktioniert hat. Und er legt Wert darauf, dass man den historischen Kontext eines Werks nicht "gänzlich ignorieren" dürfe. Seine "Così" wird daher zum "Kostümschinken" (Berliner Morgenpost). Bei aller Kritik für Hermanis‘ "biedere" Inszenierung konstatiert der Rezensent immerhin: "Am bezauberndsten ist Hermanis Inszenierung dann, wenn sie die alte Bildsprache ins Moderne hinein rekonstruieren will." Hermanis habe bewiesen, "dass eine konventionelle Erzählweise nicht unbedingt weniger provokant und kurzweilig sein muss als Experimental-Produktionen, die auf das Nacherzählen der von da Ponte und Mozart intendierten Handlung komplett verzichten", ist auf nmz online zu lesen. Schade, dass auf den Choreinsatz auf der Bühne verzichtet wird. Immerhin werden die Chorsolisten der Komischen Oper über Lautsprecher respektive Radio eingespielt. Das Foto (Monika Rittershaus) zeigt Tom Erik Lie als Don Alfonso, Dominik Köninger als Guglielmo und Komparsen.Weiterlesen

"Der Barbier von Sevilla" in Bremerhaven

08.11.2013 | Das Foto lässt es schon ahnen: Regisseur Christian von Götz verlegt Rossinis Erfolgsoper in die Zeit der (19)68er: Bunte Hippies stehen auf der Bühne und ziehen sich auch mal eine Nase Koks rein. Sie feiern Rossinis 100. Todestag. Der Regisseur bringe "eine Hymne an die Jugend auf die Bühne, die vom Sieg des jungen Liebespaares und der Befreiung von der Bevormundung durch die Alten handelt", kündigt das Theater Bremerhaven an. "Das hätte wirklich böse in die Schlaghose gehen können", schreibt passenderweise die Kreiszeitung: "Aber es ging. Sogar sehr gut!" Der Regisseur "entstaubt" die Oper zwar (Nordwest Zeitung), belässt sie aber im Großen und Ganzen in der Rossinischen Fassung. Die bunte Hippieschar proklamiert die freie Liebe, aber am Ende finden - ganz im Sinne der Originalfassung - die Paare gut bürgerlich zueinander: Graf Almaviva kriegt seine Rosina und Marcellina den Bartolo. "Hier geht es nicht um intellektuelle Überfrachtung, sondern um die Feier Rossinis auch als großen Humoristen", schreibt die Kreiszeitung und lobt auch die musikalische Leistung: "Stefan Veselka führte das Städtische Orchester Bremerhaven mit Esprit durch den Abend, der Herrenchor des Stadttheaters ließ sich von der allgemeinen Spielfreude anstecken." Von einer "sehenswerten Inszenierung" berichtet der Weser Kurier. Das Publikum spendete viel Beifall. Das Foto ( Heiko Sandelmann) zeigt Mitglieder des Ensembles.Weiterlesen

"Joseph Süß" in Zwickau

06.11.2013 | Den Justizmord an Joseph Süß anno 1735 hat Detlef Glanert zum Inhalt seiner Oper gewählt, die 1999 uraufgeführt wurde und nun in Zwickau auf die Bühne kam. Der Jude Joseph Süß wird zum Sündenbock für alles, was im Land, dessen Fürsten er dient, schief läuft. Schließlich wird er hingerichtet. In Glanerts Oper blickt der schon im Kerker sitzende Süß zurück auf sein Leben und die Stationen, die schließlich zu seiner prekären Lage geführt haben. Als "eminent politische Oper" bezeichnet der Komponist selbst sein Werk im MDR-Interview. Und Generalintendant Roland May will damit auch ein Zeichen setzen "gegen die Beschränkung von Andersartigkeit (…), gegen Fremdenfeindlichkeit". GMD Lutz de Veer und Regisseur Thilo Reinhardt haben die Oper äußerst erfolgreich umgesetzt. "Wenn zeitgenössische Oper eine Chance bei einem breiteren Publikum hat, dann auf Grund einer solchen Qualität und für sich einnehmenden inneren Beteiligung", schreibt die Freie Presse: "Regisseur Thilo Reinhardt sorgt für hinreichend Bewegung und Tempo, weiß die Sängerschaft und den Chor vor allem mit dem nötigen Gespür für die Doppelbödigkeit des Geschehens zu führen." Das Fazit im MDR ist kurz und bündig: "Ein großer Opernabend im kleinen Zwickau". Das Publikum war offenbar derselben Meinung und dankte mit minutenlangem begeistertem Applaus. Foto: Peter AwtukowitschWeiterlesen

"Viel Lärm um Liebe" an der Staatsoperette Dresden

03.11.2013 | 1934 hatte Kurt Weill Deutschland bereits verlassen. Nach seinen Erfolgen unter anderem mit "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagony" und der "Dreigroschenoper" musste der jüdische Komponist vor dem Naziregime fliehen und landete schließlich in Amerika, wo er eine zweite Karriere erleben durfte, diesmal eher im Bereich der "leichten Muse". 1945 wurde seine Operette "Viel Lärm um Liebe" am Broadway uraufgeführt. Später wurde es still um das Stück, erst die Staatsoperette Dresden verhalf ihm jetzt zur europäischen szenischen Erstaufführung: nicht die erste Wiederentdeckung, die man diesem Haus zuschreiben darf. Es geht um den berühmten Maler Cellini und sein Modell Angela, um einen lüsternen Herzog, der es auf Angela, um seine Frau, die es wiederum auf den Maler abgesehen hat. "Die Dresdner Premiere macht eines deutlich: Da ist ein wunderbares, Kurt Weill eine weitere faszinierende Facette hinzufügendes Stück transatlantischer Unterhaltungskultur zu entdecken", schreibt Die Welt. "Stellenweise viel Schmiss" attestiert nmz online Weills Musik, und auch die Realisierung in Dresden findet Anklang: "Unter der musikalischen Leitung von Andreas Schüller (…) hatten Orchester und Sängerdarsteller ordentlich Biss." "Spannendes Musiktheater" und einen "weitgehend mitreißenden Abend" hat der Rezensent erlebt. Und bilanziert: "Wer (…) Geschmack an solch einer Vierecksgeschichte findet, gepaart mit sattem Chorus und schwungvollen Balletteinlagen, der dürfte in der Staatsoperette Dresden auf seine Kosten kommen." Foto: Kai-Uwe Schulte-BunertWeiterlesen

"Frau Luna" in Regensburg

01.11.2013 | Anderswo ist es nicht einmal gern gesehen, wenn Angehörige des Theaters auf der Straße für bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Geld demonstrieren. In Regensburg dürfen sie das sogar auf der Bühne - allerdings auf dem Mond, auf dem mit Fritz Steppke aus Berlin auch die Gedanken der Arbeiterbewegung Einzug halten. Wer sich von der Frage, ob eine Operette wie Paul Linckes "Frau Luna" heutzutage wirklich noch einen Platz auf den Musiktheaterbühnen haben sollte, verabschiedete, konnte hier einen unterhaltsamen Abend ohne Tiefgang, aber mit Schwung und dem einen oder anderen "Anspieler" auf Gegenwärtiges erleben. "Unterhaltung pur" hat sich Regisseur Thomas Enzinger offenbar auf die Fahnen geschrieben und gemeinsam mit Bühnen- und Kostümbildner Toto ein buntes und opulent ausgestattetes Spektakel auf die Bühne gebracht. Der Chor war hier in mehrfacher Hinsicht gefordert. Neben der gewohnt guten musikalischen Leistung mussten sich Chordamen wie -herren in blau-golden glitzernde "Mond"-Tütüs zwängen und in diesen durchaus auch choreografische Einlagen liefern. Das Premierenpublikum ließ sich von der doch recht kruden story der Ballon-Reise zum Mond und dem dort sich entwickelnden interstellaren Liebesgeplänkel nicht aus seiner Begeisterung reißen - und klatschte nicht nur am Ende voller Enthusiasmu, sondern auch zwischendurch: natürlich insbesondere bei Ohrwürmern wie "Schlösser, die im Monde liegen" oder "Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft…". Das Foto (Ludwig Olah) zeigt Michaela Schneider als Frau Luna, Mitglieder des Chors sowie Claus J. Frankl als Theophil.Weiterlesen

"Orpheus in der Unterwelt" in Greifswald

30.10.2013 | Die "Öffentliche Meinung" spielt bekanntermaßen eine wichtige Rolle in Jacques Offenbachs turbulenter musikalischer Komödie "Orpheus in der Unterwelt". Sie sorgt dafür, dass Orpheus, der eigentlich ganz froh über die Nachricht ist, dass seine Frau Eurydike mit Pluto persönlich in die Hölle abgetaucht ist, dennoch antritt, die Gattin zurückzuholen. Die Götter spielen auch nicht gerade eine gloriose Rolle. Mehr aus Langeweile als auch echter Zuneigung kümmert sich Jupiter um den Entführungsfall. Er bequemt sich in die Unterwelt, um die schöne Eurydike für sich zu gewinnen. Diese aber hat das Höllenleben inzwischen satt und sehnt sich zurück zum Ehemann. Dass dieser sie am Ende dennoch nicht bekommt, hat er Jupiter zu verdanken. So richtig will sie aber schließlich keiner mehr, und so wird sie kurzerhand zur "Bacchantin". Abwechslungsreich und unterhaltsam hat sich das Theater Vorpommern des weltbekannten Stoffes angenommen. Die Ostseezeitung kommentiert: "Die Inszenierung des Theaters Vorpommern ist eine unterhaltsame und auch sehr farbenfrohe Angelegenheit, gewürzt mit reichlich humorigen Einschüben, aber auch mit gelegentlichen Grobheiten… Hier ergibt sich ein prächtiges Zusammenwirken der Schauspieler mit Ballett, Opernchor und Philharmonischem Orchester." Wolfgang Dosch als Regisseur und der musikalische Leiter Egbert Funk haben ganz Arbeit geleistet. Foto: MuTphotoWeiterlesen

"Falstaff" in Stuttgart

28.10.2013 | Verdi auch in Stuttgart - mit neuem Leitungsteam, das sich mit "Falstaff" für Verdis Spätwerk entschieden hat. "Es ist die Summe eines Jahrhunderts und ein Ausblick auf eine Zukunft, die wir noch immer nicht erreicht haben", schreibt das Theater zur Premierenankündigung. Regisseurin Andrea Moses, die "leitende Regisseurin" des Hauses, hat sich ganz auf die Figuren konzentriert, insbesondere auf die des Falstaff. Sie "forscht nach dem Menschen hinter der Fassade" des dicken Ritters, so der Bayerische Rundfunk. Moses‘ "Falstaff" sei "kurzweilig, mit Pfiff inszeniert, genau der richtigen Prise Humor gewürzt - und es gelingt ihr, auch die tragischen Momente perfekt einzufangen." Nicht alle Rezensenten urteilen so euphorisch über diese Regieleistung. Wohl aber werden Sänger wie Orchester gelobt. "Eine Herausforderung, die das Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung von Sylvain Cambreling wunderbar meistert", ist im BR zu hören. "Beim neuen GMD Silvain Cambreling war der musikalische Teil in den besten Händen. Er machte den Abend eigentlich zum Erlebnis", schreiben die Fränkischen Nachrichten, und im SWR schließlich heißt es: "Die Hauptrolle an diesem Abend spielt eindeutig das Orchester." Das Foto (A.T. Schaefer) zeigt das Solistenensemble und Mitglieder des Staatsopernchores.Weiterlesen

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