"Joseph Süß" in Erfurt

"Joseph Süß" in Erfurt

02.04.2014 | "Sagen wir so: Er ist keinesfalls sympathisch. Putin könnte sein Schüler sein." So beschreibt Regisseur Guy Montavon die Titelfigur der Oper von Detlef Glanert, die jetzt in Erfurt Premiere hatte, im Interview mit der Thüringischen Landeszeitung. Joseph Süß ist eine historische Figur. Er war im 18. Jahrhundert höchst einflussreicher Finanzrat bei Herzog Karl Alexander von Württemberg. Nach dessen Tod wurde er hingerichtet. Die Nationalsozialisten nutzten die - inzwischen auch literarische - Figur für ihre antisemitischen Hetzereien. Der Propaganda-Film von Veit Harlan "Jud Süß" wurde im Umfeld der Erfurter Premiere gezeigt - natürlich mit wissenschaftlicher Einführung. "Zweifellos ein großes Kunstwerk" sei dieser Film, so Montavon, "Inhalt und Aussage (…) sind jedoch eigentlich unerträglich." Der Regisseur änderte Glanerts Konzept insofern, als er die Kerkerszene (bei Glanert die reale Ebene) als Erinnerung, die Szenen aus Süß‘ Leben (bei Glanert Rückblicke im Kerker) real darstellt. Robert Süß Oppenheimer wird in dieser Inszenierung gut sichtbar als Außenseiter dargestellt (s. unser Foto). "So eindeutig, aber nie plakativ hat Intendant Guy Montavon Glanerts Oper (…) inszeniert", schreibt die Deutsche Bühne dazu. "Montavons Personenführung besitzt Stringenz", meint die Thüringer Allgemeine und berichtet von einer "überaus erfolgreichen Premiere" in Erfurt. Und: "Das Orchester (...) unterstrich die kluge Konzeption von Werk und Inszenierung." Die Deutsche Bühne wiederum erzählt davon, wie "aus den Einflüsterungen eines Denunzianten in rhythmischem Sprechgesang Gefahr und aus dem von Andreas Ketelhut einstudierten Chor der Hofgesellschaft Meute und Gericht zugleich wird." "Das Philharmonische Orchester Erfurt unter Samuel Bächli lässt eindrucksvoll alle Facetten von Glanerts Musik klingen." Das Foto (Lutz Edelhoff) zeigt Marisca Mulder als Magdalena, Máté-Sólyom Nagy als Joseph Süß und Robert Wörle als Weissensee.

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