Eine „spektakuläre Ausgrabung“: so kündigt das Theater Osnabrück seine Aufführung von Telemanns „Germanicus“ an. Und tatsächlich: die 1704 uraufgeführte Oper galt wie alle in dieser Zeit entstandenen Musiktheaterwerke Telemanns als verschollen. Der Musikwissenschaftler Michael Maul hat ein Arienkonvolut entdeckt und konnte es als dem „Germanicus“ zugehörig identifizieren. Der erste Kapellmeister des Theaters, David Ingbal, hat daraus ein „Pasticcio“ gemacht, und nun wurde „Germanicus“ erstmals nach über 300 Jahren wieder aufgeführt. Weitere Sensation im Zusammenhang mit dem Stück: Das Libretto stammt von einer Frau. Diese, Christine Dorothea Lachs, taucht denn auch zu Beginn auf der Bühne auf, wo sie auf den Komponisten trifft. Szenisch war das Werk wohl schwer zu bewältigen, Regisseur Alexander May muss sich das eine oder andere kritische Wort gefallen lassen. Unbestreitbar bleibt der Verdienst der Ausgrabung, und: „Was nun in jedem Fall lohnt, ist die Musik“, so die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ). Inbal habe das das Osnabrücker Symphonieorchester auf eine Spielweise getrimmt, die die barocke Musizierpraxis gekonnt aufs moderne Instrumentarium übertrage. Und „die Sänger und vor allem die Sängerinnen formulieren dabei kunstvoll mit“, so die NOZ. „Musikalisch überwiegt ein rhythmisch beschwingter, manchmal geradezu tänzerischer Musiziergestus“ berichtet das Online Musik Magazin. Dessen Fazit: „Ein schillerndes, barockes Pasticcio mit vielen wundervollen Arien und verwirrenden Handlungssträngen“. Das Foto (Jörg Landsberg) zeigt Antonio Giovannini als Florus.