„Vor allem aber achtet scharf, dass man hier alles dürfen darf.“ So lautet die goldene Regel der Stadt Mahagonny. Voraussetzung: Man hat Geld. Dass die Brecht-/Weill-Oper ausgerechnet drei Tage nach dem unsäglichen Beschluss der Rostocker Bürgerschaft ebendort Premiere hatte, passte perfekt. Das Theater darf eben schon lange nicht mehr alles, demnächst soll es nur noch Orchester und Schauspiel dürfen – weil es angeblich kein Geld gibt… Sagen jedenfalls Kulturminister Brodkorb und OB Methling. Das Theaterpublikum war anderer Meinung und spendete standing ovations. In der Schlussszene zeigten die Künstler Plakate mit Aufschriften wie „Keine Oper“, „Keinen Tanz“ oder „Kein Volkstheater“. Die Premierenkritiken drehen sich, wie nicht anders zu erwarten, mehr um die Kulturpolitik als um das Werk. „Die Kunst steht an diesem Abend an zweiter Stelle. Erst kommt das Fressen“, ist auf Spiegel online zu lesen. Aber mancher Rezensent beschäftigte sich auch mit der Kunst. „Es ist ein feines Zusammenspiel aller Sparten des Hauses“, lesen wir in den „Theater-Nachtgedanken“: natürlich auch wieder eine Anspielung auf die noch existierenden vier Sparten. Die Internet-Zeitung „Das-ist-Rostock“ schreibt: „Visuell und akustisch eine Pracht, diese Mischung aus den beiden weiblichen Anteilen des Tanztheaters und des Opernchores (inklusive des bezaubernden Ladyboys). Die Herren stehen mit Melone, Nadelstreifenanzug und Aktenkoffer zwar optisch zurückhaltender, aber nicht weniger geil auf der Bühne.“ Und: „Stimmlich war das Solisten- und Chorensemble des Volkstheaters bemerkenswert gut beieinander.“ Bleibt zu hoffen, dass die Theaterstadt Rostock nicht im Chaos versinkt – wie Mahagonny. Foto: Dorit Gätjen