Alessandro Scarlatti hat aus der Geschichte von Kain und Abel ein Oratorium gemacht. Warum keine Oper? Weil zwischen 1698 und 1710 in Rom Opernaufführungen verboten waren. So griffen Komponisten zum Deckmäntelchen des Oratoriums, um durchaus Dramatisches zu vertonen. Am Aalto Theater Essen inszenierte Dietrich Hilsdorf das Werk, das neben dem Brüderpaar die Eltern Adam und Eva sowie Gott und den Teufel präsentiert, in barockem Ambiente. Es sei eine Familiengeschichte, erklärt Hilsdorf im Video: „Da bricht was auseinander“. Bühnenbildner Dieter Richter erklärt, er behandle das Oratorium wie eine ganz normale Oper. Und: Die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum werde durch die Bühnenarchitektur aufgehoben. „Regisseur Dietrich Hilsdorf macht daraus bei seiner am Samstag herausgebrachten 20. Inszenierung fürs Essener Aalto-Theater ein symbolträchtiges, psychologisch durchdrungenes barockes Familientreffen“, berichten die Ruhr Nachrichten, die eine „großartige Aufführung“ bilanzieren. „Diese ungewöhnliche Inszenierung von Kain und Abel am Aalto Theater ist provokant und herausfordernd, sie regt zum Nachdenken an und bietet zahlreiche religiöse Spitzen und kritische Anspielungen, die es zu entdecken gilt“, kommentiert Radio Essen. Als Anklang ans gerade verlorene Paradies erklingt zu Beginn Stevie Wonders „The First Garden“, bevor es mit Scarlattis Musik losgeht. „Rubén Dubrovsky führt die Essener Philharmoniker mit souveräner Hand durch die Partitur und arbeitet die unterschiedlichen Stimmungen differenziert heraus“, findet das Online Musik Magazin. Große Begeisterung auch im Publikum. Das Foto (Matthias Jung) zeigt Bettina Ranch (Kain), Dmitry Ivanchey (Adam), Baurzhan Anderzhanov (Teufel), Xavier Sabata (Gott), Tamara Banješević (Eva), Philipp Mathmann (Abel).