"Der Antichrist" in Leipzig

Zu Beginn der neuen – hoffentlich „normalen“ – Spielzeit“ bringt die Oper Leipzig eine Opernrarität auf die Bühne. Viktor Ullmanns Werk, nach einem Text des Schweizer Anthroposophen Albert Steffen, wurde 1935 fertiggestellt, aber erst 1995 in Bielefeld uraufgeführt. Grund: Der jüdische Komponist Ullmann durfte nicht mehr aufgeführt werden, wurde 1942 nach Theresienstadt, später nach Auschwitz deportiert, wo er 1944 starb. Die Oper darf durchaus als Widerstandsstück gegen die Allmacht Hitlers gedeutet werden, ist aber auch heute aktuell. Ein Regent mit Allmachtsfantasien nimmt einen Wissenschaftler, einen Priester und einen Künstler in seine Dienste, die seine Fantasien in ihrem jeweiligen Metier untermauern sollen. Während Priester und Wissenschaftler scheitern, gelingt es dem Künstler am Ende, den Machthaber zu besiegen und – als Antichristen – zu Fall zu bringen. „Der Menschheit wegen, Brüder, trennt euch nicht“, singt der Künstler im ersten Akt. Und der Appell „Trennt euch nicht“ wird dem Publikum am Ende noch einmal plakativ vor Augen geführt. Als „Bühnenweihefestspiel“ wird das Werk bezeichnet, weist damit auf Richard Wagner mit seinem „Parsifal“ hin. Musikalisch bewegt sich Ullmann zwischen Romantik und neuen Tönen. Die Oper überrasche „mit aktuellem Inhalt und fantastischer Musik“, so die Süddeutsche Zeitung. „Ullmann hat seine ganz eigene Klangsprache, fantastisch diffizil, gleichzeitig wunderbar eingängig und ausmalend, die er souverän entwickelt, ohne sich permanent von anderen distanzieren zu müssen.“ Als sehenswerte und hörenswerte Entdeckung bezeichnet der Rezensent des MDR diesen Abend. Regisseur Balázs Kovalik und sein Ausstatter Stephan Mannteuffel hätten für zwei sehr spannende Stunden gesorgt. Tatsächlich wurde Ullmanns „Antichrist“ erst sehr selten aufgeführt. Die Aktualität des Stoffes wird deutlich, aber nicht überinterpretiert. Lob gibt es auch für das Orchester und die Sänger, wobei Tenor Stephan Rügamer in der Rolle des Künstlers als „triumphal“ (MDR) heraussticht. Foto: Kirsten Nijhof

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