"La muette de Portici" in Kassel

Dass eine Oper durchschlagende politische Konsequenzen haben kann, zeigt die Aufführung von Daniel Aubers „La muette de Portici“. 1828 in Paris uraufgeführt, wurde sie 1830 in Brüssel gespielt. Das Publikum, damals unter der Herrschaft von König Wilhelm I. der Niederlande, wurde durch die Geschichte so aufgewühlt, dass es nicht nur zahlreiche Wiederholungen (bis zum Mitsingen) einforderte, sondern im Anschluss auf die Brüsseler Straßen ging und den Aufstand gegen die ungeliebten Herrscher startete: Das war der Beginn des Landes Belgien. In Aubers Oper (das Libretto stammt von Eugène Scribe und Germain Delavigne) bezichtigt die stumme Fennella den Sohn des spanischen Vizekönigs der Vergewaltigung und löst damit den Aufstand der Neapolitaner gegen die spanische Besetzung aus. „Eine Oper, die leider Gottes sehr in Vergessenheit geraten ist“, erklärt Regisseur Paul-Georg Dittrich im Interview. Er stellt die Frage, wie sich die Rezeption des Publikums von damals zu heute verändert habe. „Wie äußert sich heute eine politische Haltung?“ Sein Team habe sich für eine Art Zeitreise entschieden: zurück an den Ursprung der Oper im 17. Jahrhundert, über das Ereignis in Brüssel 1830 bis in die Gegenwart. Denn der Funke sei damals auch nach Deutschland übergeschlagen, auch nach Kassel, wo die Bürgerwehr die Ouvertüre der Oper als „soundtrack“ für ihren Aufmarsch in der Stadt genutzt habe. Der Kassel-Bezug spielt also in Dittrichs Inszenierung durchaus eine Rolle. Das Foto (Isabel Machado Rios) zeigt Mitglieder des Opernchors.

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