Für 2020 war die Premiere von Antonio Vivaldis Oratorium an der Staatsoper in Stuttgart geplant, nun konnte sie endlich stattfinden. Das Werk ist wohl eher Oper als Oratorium, und so wird es in Stuttgart – von Regisseurin Siliva Costa – auch inszeniert. Die Geschichte der Jüdin Judith, die, um ihr Volk vor der Niederlage gegen die Assyrer oder dem Tod durch Belagerung zu retten, mutig den feindlichen Feldherrn Holofernes aufsucht, ihn durch ihre Schönheit betört und schließlich enthauptet, wurde oft erzählt, noch öfter in bildender Kunst dargestellt. Vivaldi komponierte den Stoff für die Mädchen und jungen Frauen des Waisenhauses „Ospedale della Pietà“ in Venedig. In Stuttgart geht es vor allem um das Verhältnis der Geschlechter. Alle Rollen sind durch Frauen besetzt. „Frauen erscheinen sonst als Unterworfene, Judith erzählt von einer Art ‚Befreiung‘“, erklärt die Regisseurin im Interview Und: „Ich sehe darin wiederum die Gelegenheit, Judith nicht als einzelne Figur zu entwickeln, sondern als Kraft, als Energie, die alle Frauen der Gruppe auf der Bühne haben.“ „An der Staatsoper Stuttgart wird das zum Anlass, um über Feminismus nachzudenken“, schreibt die FAZ. „Regisseurin Silvia Costa lässt sich auf die besonderen Umstände zart und originell ein“, ist in der Frankfurter Rundschau (FR) zu lesen. Musikalisch ist das Werk äußerst anspruchsvoll, in Stuttgart wird dies durchweg gemeistert, auch und vor allem durch den Frauenchor: „Die Frauen des Staatsopernchors, die in hohem Maße schauspielerisch gefordert sind, ergänzen die musikalische Darbietung mit kraftvollem, festlichem, nur manchmal etwas inhomogenem Gesang“, urteilt die FAZ. Und die FR: „Fabelhaft der Frauenchor, aus dem durch die Bewegung auf der Bühne immer einmal individuelle Stimmen hervortreten.“ Das Foto (Martin Sigmund) zeigt Linsey Coppens als Ozias und den Chor der Staatsoper Stuttgart.