Jeder kennt heute noch Balzac – aber wer kennt Hermann Wolfgang von Waltershausen, der Balzacs „Oberst Chabert“ vertonte? Dabei wurde seine 1912 uraufgeführte Oper ein Welterfolg. Waltershausen wiederum war ein hoch angesehener Musiker und Musikpädagoge, bis er 1933 als Direktor der Münchner Musikakademie gezwungenermaßen vorzeitig in den Ruhestand ging. Seine Oper hatte bis dahin bereits mehr als 100 Inszenierungen in der ganzen Welt erlebt. Die Oper Bonn hat sie nun, nach einer halbszenischen Aufführung in Berlin im Jahr 2010, auf die Bühne gebracht. Es geht um einen tot geglaubten Oberst, der sich aus einem Massengrab befreien konnte und nach vielen Jahren nach Hause zurückkehrt. Dort aber ist er nicht willkommen, weder in der Gesellschaft noch bei seiner – inzwischen wieder verheirateten – Frau. Sein Versuch, sich Recht zu verschaffen, muss am Ende scheitern. Regisseur Roland Schwab verstehe die Oper „als die Geschichte eines Kriegsheimkehrers, ein Szenario, das sie vor dem Hintergrund der jüngeren Konflikte seit Vietnam bis zum Nahen Osten brandaktuell macht“, berichtet vor der Premiere der Bonner Generalanzeiger. Die Bonner Bühne zeigt die ganze Düsternis einer Nachkriegs-Trümmerlandschaft. „Roland Schwab inszeniert die Geschichte in Bonn sehr stringent und mit einem herausragenden Ensemble“, berichtet die Deutsche Bühne. Das Online Musik Magazin schreibt: „Das Beethoven Orchester Bonn lotet unter der musikalischen Leitung von Jacques Lacombe die emotionsgeladene spätromantische Musik beeindruckend aus, so dass es am Ende großen und verdienten Applaus für alle Beteiligten gibt, in den sich auch das Regie-Team einreiht.“ Das Foto (Thilo Beu) zeigt Peter Tantsits als Graf Ferraud, Yannick-Muriel Noah als Rosine, Mark Morouse als Graf Chabert, Giorgos Kanaris als Derville und Martin Tzonev als Godeschal.